Zusammenhang Denken, Fühlen, Handeln

Wir alle werden mit der Fähigkeit geboren, jedes Gefühl zu empfinden. Mag sein, dass es einen Unterschied zwischen den Menschen gibt, wie schnell wir ein bestimmtes Gefühl empfinden, aber die Fähigkeit besitzen wir alle gleichermaßen.

Außer ein paar angeborenen Reaktionsweisen haben wir bei unserer Geburt noch keinerlei Einschränkungen, noch keine Erwartungen, Fehleinschätzungen und schlechten Erfahrungen. Wir brauchen etwas zu trinken, zu essen, Pflege und die Zuwendung der Eltern.

Hauptsächlich durch die Eltern werden unsere ersten Gefühle ausgelöst und befriedigt. Wir lernen, wann die Eltern positiv und wann sie negativ reagieren, wann sie uns loben, streicheln, ignorieren, mit uns lachen oder schimpfen.

Wie unser Denken und unsere Gefühle zusammenhängen

Durch die Eltern lernen wir, was gut und schlecht für uns ist, was man tun darf und was nicht. Wenn wir unsere Sprache entwickeln, lernen wir, unser Verhalten und unsere Gefühle zu bewerten.

Wir lernen, unser Verhalten als gut oder schlecht, richtig oder falsch, gefährlich oder ungefährlich einzuschätzen.

Wir lernen, dass es wichtig ist, nicht auf der Straße zu spielen, was die Nachbarn denken, Zähne zu putzen, in die Kirche zu gehen, nicht laut zu schreien, andere Kinder nicht zu schlagen, das Messer nicht abzuschlecken, nicht mit Fremden mitzugehen, usw.

Unsere Eltern helfen uns beim Erlernen dieser Verhaltensweisen, indem sie mit Lob, Tadel, Bestrafung, Nichtbeachtung reagieren.

Sie schimpfen z.B. solange mit uns, bis wir ein bestimmtes Verhalten als unerwünscht bewerten und nicht mehr zeigen. So werden wir z.B. nicht damit geboren, auf Schmutz mit Ekelgefühlen zu reagieren.

Wenn uns unsere Eltern aber lange genug dafür bestrafen, dass wir im Schmutz spielen, entwickeln wir schließlich ein Gefühl des Ekels.

Bewertungen

Wir denken beim Anblick von Schmutz: „Das ist eklig, meide es”, und fühlen Ekel. Dann ist es schwierig, uns entgegengesetzt unserer Bewertung zu verhalten, d.h. lustvoll im Schmutz zu spielen. Aber wir können es wieder erlernen.

Sind die Bewertungen einmal in unseren Kopf, d.h. wir denken alleine für uns selbst, was die Eltern bislang laut geäußert haben, nämlich, dass Schmutz eklig ist und vermieden werden sollte, entwickeln wir auch die dazugehörigen Gefühle.

Diese Bewertungen, was gut und schlecht ist, sind an den Maßstäben und der Lebensphilosophie unserer Eltern orientiert.

Was sie in ihrer Erziehung gelernt haben und was für sie im Leben funktionierte, geben sie uns weiter. Wir übernehmen es ungeprüft, weil wir nur dann von unseren Eltern anerkannt werden, wenn wir ihren Regeln folgen, und weil uns die Fähigkeit und Reife zur Prüfung (Überprüfung) fehlt.

So lernen wir unsere Maßstäbe bezüglich Pünktlichkeit, Ordentlichkeit, Sexualität, Durchsetzen von Bedürfnissen, Ausdrücken von Gefühlen (Ärger, Angst, Trauer), Bedeutung der Anerkennung von anderen, gegenüber Fehlern und Leistung, Reichtum, etc.

Später sind uns diese Bewertungen nicht mehr bewusst, aber wir reagieren gefühlsmäßig.

Was gegen unsere Normen und Maßstäbe verstößt, fühlt sich „falsch” und „unrichtig” an. Verstoßen wir dennoch gegen unsere inneren Normen, empfinden wir Schuldgefühle und haben ein schlechtes Gewissen.

In jedem Augenblick unseres Lebens bewerten wir die Ereignisse um uns herum und uns selbst. Wir führen ein inneres Selbstgespräch. Es läuft so automatisch, dass es uns nicht oder nur noch selten bewusst ist.

Es gibt keinerlei Sinneswahrnehmungen, ohne dass unser Gehirn nicht eine Bewertung vornimmt. Das ist sinnvoll, denn unser Leben hängt davon ab, dass wir in jedem Augenblick wissen, ob wir uns in Gefahr befinden oder nicht.

Unsere Bewertungen sind also erlernt. Sie setzen sich zusammen aus eigenen unmittelbaren Erfahrungen und aus dem, was wir von unserer Umwelt direkt vermittelt bekommen oder gelesen haben.

Ein Vakuum, geschaffen durch fehlende Kommunikation, füllt sich in kürzester Zeit mit falscher Darstellung, Gerüchten, Geschwätz und Gift.“

Cyril Northcote Parkinson

In den Bewertungen ist auch enthalten, was wir aus dem Verhalten anderer gefolgert haben. Haben wir z.B. bei unseren Eltern beobachtet, dass diese sich nicht trauten, auf einen Hochsitz zu klettern, so haben wir möglicherweise als Kind daraus gefolgert, „auf einen Hochsitz zu klettern sei gefährlich”.

Hatten unsere Eltern große Angst vor Ansteckung und Krankheiten, haben wir diese Einstellung möglicherweise auch übernommen.

Wir reagieren dann scheinbar wie Roboter. Wir brauchen nur in eine bestimmte Situation zu geraten oder nur an sie zu denken und automatisch, ohne nachzudenken, entsteht das entsprechende Gefühl.

Unsere Gedanken passen zu unseren Gefühlen

In einem frühen Stadium der Entwicklung sind uns manche Einstellungen und Bewertungen noch bewusst, doch dann werden sie automatisch. Es ist eine Gewohnheit geworden, so zu reagieren. Wir haben in Wirklichkeit gelernt, auf eine bestimmte Weise zu reagieren, die Situation selbst kann nicht in uns Gefühle auslösen, wofür wir nicht die passenden Gedanken haben.

Ausnahme hierfür sind bestimmte Reflexe und der körperliche Schmerz. Körperlicher Schmerz wird ausgelöst, gleichgültig, was wir denken.

Aber schon wie stark wir Schmerz empfinden, hängt wieder von unseren Bewertungen und Gedanken ab. Konzentrieren wir uns beispielsweise stark auf den Schmerz oder wehren wir uns gegen den Schmerz, wird er stärker werden.

Ein gutes Beispiel dafür, wie wir uns scheinbar automatisch, ohne zu denken, verhalten ist das Autofahren. Erinnern Sie sich zurück: War es nicht zu Beginn so, dass Sie vor lauter Anspannung kaum die Hinweisschilder auf der Straße wahrnahmen? Sie mussten sich beständig Anweisung geben: „Jetzt kuppeln, schalten …”.

Sie konnten sich auf nichts anderes konzentrieren als auf Ihre Selbstanweisungen und hatten starke Angst. Sie dachten „Hoffentlich mache ich alles richtig” und überschätzten die Gefahren eines herannahenden Autos oder beim Überholmanöver. Und heute?

Das Fahren geht, solange sich nichts Ungewohntes auf der Straße ereignet, höchstwahrscheinlich automatisch. Sie sind ruhig und dennoch müssen Sie sich, -im stillen Anweisungen geben,- sonst könnten Sie nicht schalten, bremsen, usw.

Was Sie beim Autofahren anfangs als gefährlich einstuften, bewerten Sie mit Sicherheit jetzt nicht mehr als gefährlich. Ihre Anspannung taucht nur noch auf, wenn Sie in Gefahrensituationen sind oder eine ungewohnte Strecke fahren.

Sie haben also sowohl Ihre Bewertung der Gefahren verändert, als auch die Fahranweisungen so oft wiederholt, dass sie automatisch ablaufen.

Die Bedeutung unserer Bewertungen

Wir haben also im Laufe unseres Lebens gelernt, Situationen und Menschen zu bewerten.

Wir haben gelernt,

  • die Meinung der Nachbarn als gefährlich einzuschätzen,
  • ein Durchfallen durch die Prüfung als Katastrophe zu sehen,
  • eine Spinne als eklig zu bewerten,
  • das Fliegen mit dem Flugzeug als todbringende Falle einzuschätzen.

Die Bewertungen laufen überwiegend automatisch ab.

Generell und rein theoretisch gibt es für jede Situation drei Möglichkeiten, diese zu bewerten: positiv, negativ und neutral.